Freitag, 19. Mai 2017

Lyon

Mittwoch, 17. Mai
Am Morgen im Hostel aufgewacht. Es gleicht einem Wunder, ein 8er- Schlafsaal, voll belegt mit sieben Jungs und mir. Das Faszinierende: Es war ruhig. Die ganze Nacht. Kein Schnarchen, kein Grunzen, keine Pinkelgänge – Ruhe. Ruhiger als in einem Mädelszimmer. Ruhig wie auf dem Lande.
Zum Frühstück gab es Weißwein und Pasta. Micky und ich hatten uns dazu verabredet, da ich ihm am Abend zuvor abgesagt hatte noch mit rauszugehen. Ich war einfach zu müde. Micky erzählte mir von seiner Arbeit: Bohrinseln. Zwei Tage später sollte er aufbrechen nach Teneriffa, nach vier Monaten arbeitsfreier Zeit ging es wieder auf ein Schiff – für einen vollen Monat Arbeit ohne Pause, zwölf Stunden schufften am Tag. Er ist auch viel in der Welt herumgekommen, hat kein wirkliches zuhause und reist zwischen seiner Arbeit in der Welt umher. Ein lieber Kerl, der verrückt nach Oliven war und meine Pasta liebte, ich den Wein dazu.
Mal wieder etwas angedüdelt machte ich mich mit meinen mittlerweile sauschweren Bagpack und zusätzlichen Frontrucksack auf den Weg zum Busbahnhof, zwei Kilometer Fußmarsch in der Mittagssonne Barcelonas. Die Busfahrt war lange, sieben Stunden fuhr er Richtung Frankreich, ein Stop in Marseilles, bis nach Lyon. Im Bus ganz hinten hatte ich mir meinen Platz gesucht, immer wieder gedöst, gegessen, Hörspiele gehört. Neben mir saß Younes – ein Franzose mit dem ich mich  weniger auf Französisch und mehr mit Händen und Füßen unterhielt. Verdammt was ist mein Französisch eingerostet!
Um uns herum weitere Fahrgäste. Viele Kids, die nicht still halten konnten und wollten – Quatsch machten der erheiternd war. Younes versorgte alle mit Getränken und Süßem, verliebte sich in die kleine vierjährige Chanel die seine ‚amiga‘ wurde. Er hatte keine Kinder, erzählte mir eine traurige Geschichte aus seiner Vergangenheit, über die Kriminalität in den Vororten von Lyon und über seine Arbeit auf dem Bau in Barcelona (soweit ich ihn verstanden habe). Wenn er etwas ganz entzückend und toll fand, grinste er spitz und sagte ‚C´est ma-gni-fique, ma-gni-fique!‘-Ausgezeichnet. Heeeerrlich. Wuuuunderschhön!
Um halb neun abends kam ich letztendlich in Lyon an, wie gesagt – keinen so rechten Plan wie ich hierher kommen konnte. Was ich hier wollte. Eins wusste ich aber an diesem Abend definitiv nach sieben Stunden brechend heißer-brechend kalter Bus, Lärm, Stress: Ich will nur noch ins Hostel und meine Ruhe…Selbstgespräche fangen in solchen Situationen an. Echt jetzt.
Mit der Metro und ein Stück zu Fuß, die Überfall-Horrorgeschichten von Younes im Hinterkopf, aber schnell war es gefunden. Duschen, ab in die Falle, wegknacken.
Donnerstag, 18. Mai
Nach guten elf Stunden Schlaf (war anscheinend mal wieder bitter nötig), bin ich um halb zwölf aufgestanden. Ganz easy, langsam, wollte ich den Tag angehen. Auch wenn ich nur diesen einen in Lyon hatte. Ich steuerte aus dem Hotel raus Richtung Fluß Rhône. Beim Bäcker noch ein Cookie Praline, eine Quiche legume und einen Café au lait eingeheimst. Petit déjeuner, kleines Frühstück am Flussufer.

Lyon war einst das Verwaltungszentrum Galliens, später eine Drucker- und Seidenstadt. Eine Handelsstadt, in welcher sich Händler aus allen Himmelsrichtungen trafen um ihre Geschäfte zu machen. Schmale, private Durchgänge, die ‚Traboules‘ sind in der Innenstadt vorzufinden. Versteckt, kühl und irgendwie geheim – nicht leicht zu finden. Die Flüsse Rhône und Saône fließen durch die Stadt, finden am Ende zueinander. Die Altstadt zählt mal wieder zum UNESCO-Weltkulturerbe, es gibt eine Notre Dame und einen Miniatur-Eiffelturm. Wollen wir vielleicht ein bisschen Paris sein? Womit die Hauptstadt nicht punkten kann ist die Ruhe die man hier an manch zentralen Plätzen, Gassen und entlang der beiden Flüsse findet. In Lyon wurde zudem 1900 der Vater des kleinen Prinzen, Antoine de Saint-Exupéry geboren.
***On ne voit bien qu´avec la coeur. L´essentiel est invisible pour les yeux. –
Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar***
Über die Rhône auf der Pont de la Guillotière, vorbei am Place Bellecour (drittgrößter Platz Frankreichs, unnützes Wissen), über die Saône auf der Pont Bonaparte immer geradeaus Richtung Vieux Lyon, dem Alten Lyon. Hier den Berg hoch zum römischen Theater und der Basilika Notre Dame de Fourvière. Eine schöne Basilika. Alles glänzte und leuchtete. Hinter dem mächtig thronenden Gebäude gab es einen wundervollen Aussichtspunkt über die Stadt. Hier tummelten sich schon ein wenig die Menschen, ja und auch die Selfie-Girlies. Versteh ich nicht, warum man über fünfzehn Minuten lang mit seiner Freundin in verschiedensten Fratzenposen –sweet lächelnd, nach dem Klick wieder todernst- sich selbst darstellen muss, oder will. Ich denke an David ‚Enjoy live, fuckin móvil!‘ :-p – und muss lachen.

Durch einen Rosengarten runter in das Vieux Lyon, durch die Straßen spaziert, wirklich schön hier, und zufällig eine Eingangstür zu einem Traboule entdeckt, reingemopst. Es war kühl, spannend und irgendwie aufregend, da man nicht so recht wusste wo man am Ende landet. Wie auf meiner Reise und jetzt plötzlich in Lyon, einem Traboule.
Der Weg führte zu Parallelstraßen, zurück ging es auch ganz leicht. Ohne google maps, ha, Orientierungssinn!
      
    
Durch die neue Stadt zurück. Immer mal wieder an den Fluss gesetzt, Pause gemacht – Sonne eingefangen und Wind um mich brausen lassen. Dann noch in die Kathedrale. Innen spiegelte sich das bunte Licht der Gläser auf dem Boden wider.
Am Place Bellecour hab ich dann noch am Ende die Statue von Antoine de Saint-Exupéry und seinem kleinen Prinzen, Le Petit Prince entdeckt. Sehr süß wie die beiden da saßen. Musste an Sophie denken, meine liebe Sophie – verliebt in die Worte dieser wundervollen Zitate…


Hier im hippen Hostel Ho36 gibt es direkt ein hippes Restaurant dazu. Zum Abendessen gab es einen hippen bunten Teller mit Aufstrichen und eingelegtem Gemüse, dazu ein Glas Weißwein. Nachtisch: Crème Brulée….jaaaa-es war sehr lecker!

Und da sitze ich, seulement moi am Tisch und es ist in Ordnung. Um mich herum befreundete Gruppen, quatschen, brabbeln auf Französich. Ich freue mich nun immer mehr wieder auf Zuhause, meine Family, meine Freunde und meine Hood. Und dann sind da wieder die Momente in denen ich das Gefühl habe ewig Reisen zu wollen...
***Pour les uns, qui voyagent, les étoiles sont des guides.***
***Für manch Reisenden sind die Sterne Führer. ***

Dienstag, 16. Mai 2017

Back to Barcelona – Figueres – Dalí

Montag, 15. Mai
Mein Wunsch das Dalí-Museum in Figueres zu besuchen war groß. Bloß wie sollte ich es nur anstellen? Die günstigen Hostels in Figueres waren bereits ausgebucht und in einem Einzelzimmer für 40 Euro die Nacht in nem abgeranzten Schuppen wollte ich nicht sein. Also entschied ich mich für die Route ‚Back to Barcelona‘ und einen damit verbundenen Tagesausflug in das Theater Museum von Dalí nach Figueres.

Bis zum Check-Out um 12 Uhr kostete ich noch die Annehmlichkeiten und die Ruhe des Hotels aus. Mit dem Zug war ich dann nach einer halben Stunde und für 4,10 Euro wieder in der City – Passeig de Gracia, diesmal ein anderes Hostel namens ‚No limits‘, 8er Schlafsaal und rund 20 Euro die Nacht. Unglaublich ruhig und still im Gegensatz zu dem Vorherigen, schon fast unheimlich. Dafür eine supergemütliche Couchecke (von der ich gerade aus schreibe) und Küche.
Nach Ankunft bin ich noch ein wenig in der Stadt umherspaziert. Auf ein paar Tapas bin ich dann im La Plata gelandet. Habe es vorher in einer Doku gesehen, bekannt für seine guten Boquerones (gebackene Sardellen), dazu Wermuth und einen einfachen Tomatensalat. Sehr fein, einfach und urig. Um halb vier wurden dann die Schotten pünktlichst zur Fiesta dicht gemacht. An der Theke ins Gespräch mit Davide, gleich alt und aus Italien, gekommen. Er redete so schnell in seinem Italiano-Spanisch, dass ich kaum mitkam. Danach noch eine gemeinsam geraucht (er seinen porro, ich meine gedrehte Kippe) und verabschiedet.
Dann noch einkaufen, verlaufen, laufen, laufen, mit googlemaps Orientierung verlieren, zurückfinden. Eigentlich nicht so schwer, denn das neue Hostel liegt direkt um die Ecke von Gaudís Casa Battló. Ich schaff das anscheinend doch immer wieder.

Dienstag, 16. Mai 2017
Die Nacht war unruhig, sieben Jungs im Zimmer und ich mittendrin. Ständig musste wer zum Pinkeln raus, kam nachts zurück und die metallenen Bettgestelle quietschten. Ich hatte keine Oropax drinnen, da ich ja meinen Wecker auf 6.30 Uhr gestellt hatte. Der Tag für den Dalí Museumsbesuch war gekommen!
Völlig übermüdet setzte ich mich in den Regionalzug nach Figueres, der mich etwa zweieinhalb Stunden erst durch die katalonische, dann durch die Landschaft von Girona fuhr. In Figueres erstmal einen Kaffe geholt und zum Museum spaziert. Ich wollte pünktlich dort sein, kannte ich doch bereits die Anstürme auf die Museen in Barcelona. Es war schon ein wenig was los, aber nicht so schlimm wie erwartet.
 
Das Theater-Museum von Dalí wurde 1974 eröffnet, von ihm selbst bis ins Detail geplant und erschaffen, dort liegt er auch begraben.
Salvador Dalí (1904-1989) wurde in Figueres geboren. In Cadaqués, östlich der Stadt und direkt am Meer liegend hatte er sein Haus (auch das kann man heute besichtigen). Seine Interessen waren vielfältig: Psychoanalyse, Physik, Film, Mode und Religion. Unsterblich verliebt in seine Frau Gala, die auch immer wieder Mittelpunkt seiner Gemälde war. Er gehört zu einen der bekanntesten Künstlern des Surrealismus (ab 1929 etwa, geprägt durch Traumwelten und irrationale Impulse), vor allem aber war er auch für seine Persönlichkeit und seinen ausgefallenen Bart bekannt. Zu seinen Werken gehören auch Filme, Litographien, Bühnenbilder, Schmuck und eigens verfasste Bücher (z.B. ‚Das geheime Leben des Salvador Dalí‘, 1942). Ein verrückter Allrounder.

Das Museum war so bunt und schrill wie er selbst wohl nur gewesen sein konnte. Ein anderes Erlebnis von Museum, ohne Audioguide, ohne Anleitung. Reinplatschen, schauen, staunen, lachen, nachdenken,…
 
Anschließend an das Museum war der Eintritt in seine Schmuckausstellung inklusive. Soso, Schmuck hat er also auch noch designed! Das wusste ich nicht. Und was für welchen. Edelste Materialien und Schmuck der sich bewegte (‚The sacred heart‘).

Nach drei Stunden Museum ging es dann wieder zurück, diesmal mit dem Zug der nur 1,5 Stunden fuhr. Verwirrend diese spanischen Anzeigetafeln, Bahnsteige, Züge,…vielleicht war ich auch einfach nur durch.
Nun bin ich wieder im Hostel, habe mir was zu essen gemacht, flacke mit Micky aus Adelade rum, er kümmert sich um den Sound, ich mich um meinen Blog-Beine hoch. So langsam trudeln hier die Leute ein, die Koreaner machen sich wieder ihr Kimchi, die Mexikaner futtern ruhig ihr Müsli, angenehme Stimmung.
Morgen geht es dann mit dem Flixbus nach Lyon. Jo, hab mich nun doch noch für eine französische Stadt entschieden. Letztendlich war die gute Verbindung nach Zürich ausschlaggebend. Dort bin ich am Samstag bei meiner Freundin Natalia zum Geburtstag eingeladen und freu mich schon sie wieder zu sehen. Haben uns im November letztes Jahr auf Bali kennengelernt- Zeit wird es sich wieder in die Arme zu fallen und zu feiern!